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Anfragen zur Qualitätsentwicklung

von Christine Scharlau in markt & wirtschaft westfalen April 2006

Umgang mit Beschwerden (2 Beispiele)

1. Beispiel

Anfrage

„Als Dienstleister in der Druckbranche bin ich für die Auftragsabwicklung zuständig und stehe somit im direkten Kontakt mit den Kunden. Nicht selten kommt es vor, dass Aufträge nicht termingerecht fertig gestellt bzw. ausgeliefert werden können, da eine Reihe von anderen Dienstleistern ihre Terminvorgaben wiederum nicht eingehalten haben. Zu meinen Aufgaben zählt daher auch die Übermittlung von „schlechten Nachrichten“ (z.B. Terminverschiebungen oder Lieferverzögerungen etc.). Nicht immer sind die Kunden verständnisvoll und manche drohen sogar mit Anwalt, Wechsel, Regress. Wie verhalte ich mich in diesen Fällen? Ich bedanke mich für Ihre Antwort.“

Antwort

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese ist besonders interessant, weil Sie durch zwei Seiten herausgefordert sind

  • auf der einen Seite müssen Sie berechtigte Beschwerden Ihrer Kunden bearbeiten
  • und auf der anderen Seite sind Sie selbst in der Rolle des Kunden und sollten Ihren Lieferanten gegenüber kompetent reklamieren.

Zuerst zu Ihrer Rolle Ihren eigenen Kunden gegenüber:

Wenn ich Sie richtig verstanden habe geht es Ihnen um die Beschwerden Ihrer Kunden die durchaus berechtigt sind und die durch die „die schlechten Nachrichten“ ausgelöst werden die Sie übermitteln. Möglicherweise haben Ihre Kunden durch diese Terminverschiebungen oder Lieferverzögerungen auch wirklich geschäftliche Nachteile. Deshalb sollten Sie sehr genau erfragen, welche Konsequenzen sich aus dieser Situation für Ihre Kunden ergeben.

Dann hat Ihr Kunde die Möglichkeit, seinen berechtigten Ärger auszudrücken und ist anschließend eher in der Lage, mit Ihnen in einen konstruktiven Dialog darüber einzutreten, wie die jeweilige Sache jetzt am besten zu retten ist. Sie sollten gut hören, welche Konsequenzen sich bei Ihren Kunden ganz konkret durch Terminverschiebungen oder Lieferverzögerungen ergeben. Wenn Sie sich davon ein Bild gemacht haben, können Sie gemeinsam eine Lösung suchen, durch die Nachteile Ihrer Kunden minimiert werden.

Dabei ist noch Folgendes zu bedenken:

Sollten sich auf Seiten des Kunden oder auf Ihrer Seite Mehraufwendungen ergeben, müssen Sie klären, wer diese Aufwande zu tragen hat. Bitte denken Sie daran, daß Ihr Lieferant diese verfahrene Situation zu verantworten hat. So trägt er auch die Verantwortung für zusätzliche und Kosten. Nun zu Ihrer Rolle gegenüber Ihren Zulieferern: Sie schreiben: „Nicht selten kommt es vor, …“ Deshalb schlage Ihnen vor, die Qualität und Termintreue Ihrer Lieferanten im Auftragsprozess bei Abweichungen von der vereinbarten Leistung vollständig zu dokumentieren. So gewinnen Sie ein deutliches Bild von der Zuverlässigkeit Ihrer Lieferanten. Es macht ja einen großen Unterschied, ob 3 oder 30 % Prozent der Aufträge nicht termingerecht geliefert werden können. Jede Terminverschiebung sollten Sie mit Ihren Lieferanten bearbeiten, und zwar unabhängig davon, ob Ihr Kunde damit gut leben kann oder nicht. Nur so können Sie Ihre Lieferanten auch zur Zuverlässigkeit erziehen.

Außerdem können Sie schon bei der Auftragsannahme bei Ihren Kunden den spätesten Liefertermin erfragen. Terminkritische Aufträge sollten Sie nach Möglichkeit nur noch an besonders zuverlässige Zulieferer vergeben.

Sie sehen, diese Antwort ist – beide Seiten berücksichtigend – ausführlich geworden. Ich hoffe, die beschriebene Vorgehensweise hilft Ihnen, „Kundendrohungen“ in Zukunft zu reduzieren. Insgesamt tragen Sie damit zu einer besseren Qualität der Auftragsabwicklung bei und verhelfen durch klares Auftreten auch Ihren Partnern und Lieferanten dazu.

Christine Scharlau

2. Beispiel

Anfrage

Sehr geehrte Frau Scharlau,

gerne nehme ich Ihr Angebot wahr, eine Frage zum Beschwerdemanagement einzubringen. Zu meinem Tätigkeitsfeld als Gebäudemanager gehört auch die Bearbeitung von Kundenreklamationen. Oftmals recherchiere ich, um die berechtigte bzw. unberechtigte Reklamation des Auftraggebers herauszufinden. Aus meiner Erfahrung sind jedoch viele Reklamationen überspitzt bzw. überzogen und die Forderungen z.B. nach Preisnachlass der Auftraggeber unberechtigt. Es ist immer wieder eine Gradwanderung hier die richtigen Worte zu finden, zumal man die Kunden halten, jedoch auch die (überzogenen) Beschwerden nicht kritiklos hinnehmen möchte.

Wie vermittele ich die berechtigte bzw. unberechtigte Kundenreklamation professionell?

Antwort

Als Gebäudemanager brauchen Sie sicher viel Fingerspitzengefühl, wenn Sie Beschwerden nachgehen. Gern nenne ich Ihnen einige allgemeine Grundsätze, mit Kundenbeschwerden professionell umzugehen.

Ob eine Beschwerde aus Ihrer Sicht berechtig ist oder nicht, wissen Sie ja erst, wenn Sie den Sachverhalt überprüft haben. Den Kunden mit seiner Beschwerde ernst zu nehmen ist die professionelle Haltung im Beschwerdemanagement.

  • Das heißt praktisch, daß Sie zunächst Ihr Bedauern über seine Unzufriedenheit ausdrücken. Dies ist für Kunden mit „echten“ Reklamationen ein wichtiges Signal, daß sie jetzt an der richtigen Stelle sind.
  • Danach hören Sie sehr genau zu und lassen sich den Sachverhalt im Einzelnen schildern. Damit schaffen Sie eine sachliche Basis. Am besten wiederholen Sie in eigenen Worten den Grund der Reklamation, so wie Sie ihn verstanden haben. Das hört sich simpel an, ist es aber oft nicht. Möglicherweise müssen Sie zwei- oder dreimal ansetzen, bis Ihr Kunde sagt: „Genau das habe ich gemeint.“

    Auch wenn Ihnen dieses genaue Nachfragen ungewohnt erscheinen mag: probieren Sie es aus, es ist sinnvoll, weil ein Kunde, der erfährt, daß Sie ihn verstehen WOLLEN, nicht mehr überzogen reagieren muß, um Gehör zu finden. Außerdem können Sie, wenn es ein Kunde ist, der an Ihren Leistungen interessiert ist, aus seinen Erfahrungen lernen.

  • Eine Möglichkeit, mit überzogenen Forderungen umzugehen, ist die klare Positionierung: Dauerhaft sind Geschäftsbeziehungen, die für beide Seiten zufriedenstellend sind. Und auch im Geschäftsleben spielt es eine Rolle, wie Dienstleister und Käufer miteinander umgehen. Wenn Sie diese Überzeugung vertreten und außerdem erläutern können, welche Ihrer Leistungen welchen Preis hat und was Ihre Standards sind, geben Sie Ihren Kunden eine klare Orientierung.

Soweit zu den Grundsätzen eines professionellen Beschwerdemanagements, wobei das Thema der unberechtigten Beschwerden besonders brisant ist. Welche Lösungsmöglichkeiten es noch geben kann und wie die im Einzelnen aussehen, hängt natürlich von den Gegebenheiten Ihrer Situation ab. Trotzdem hoffe ich, Ihnen hiermit weiter geholfen zu haben.

Wenn Sie mehr zum Umgang mit berechtigten Reklamationen wissen wollen, können Sie dazu in meinem Buch „Karrierefaktor Gesprächstechniken“ in Kapitel 5 nachlesen.

siehe auch Buch zum Selbsttraining „Karrierefaktor Gesprächstechniken“

Falls Sie für Ihre Person oder Ihre Mitarbeiter passende Formulierungen im Umgang mit Kunden finden und optimieren möchten, berate ich Sie dazu gern.

Christine Scharlau

siehe auch Qualität & Beschwerde

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